Drehort neuer Edgar Reitz Film
Bericht Hunsrücker Zeitung
Die andere Heimat: Filmemacher Reitz versetzt Hunsrückdorf 150 Jahre zurück
Gehlweiler – Der Ortskern von Gehweiler wird im kommenden Jahr nicht mehr wiederzuerkennen sein, denn Filmemacher Edgar Reitz dreht dort seine nächste „Heimat“.
Das Drehbuch ist fertig, die Finanzierung steht. In einer Bürgerversammlung haben die anwesenden Dorfbewohner mit großer Mehrheit beschlossen, mitzumachen.
„Die andere Heimat“ lautet der Arbeitstitel. Darin beschreibt Reitz, der mit seiner Heimat-Trilogie Filmgeschichte geschrieben hat, das Schicksal Hunsrücker Auswanderer nach Brasilien. Die Geschichte spielt in den Jahren 1840 bis -43. Missernten, Hungersnöte und Behördenwillkür sorgten für unendliche Not. Die Auswanderung nach Brasilien war für Tausende die einzige Möglichkeit, dem Elend zu entgehen. Es waren oft die Mutigsten, Tatkräftigsten und Besten, die sich zu diesem Schritt ohne Wiederkehr entschlossen.
In seiner Geschichte rückt der Filmregisseur, wie schon in „Heimat“, die Schmiedefamilie Simon aus Schabbach in den Mittelpunkt – jedoch 150 Jahre früher. Wie man es von Reitz gewohnt ist, erzählt der Film eine weitverzweigte Geschichte in vielen Bildern und an unterschiedlichsten Spielorten. Es soll ein umfassendes und originalgetreues Abbild der damaligen Zeit entstehen.
Dafür muss der Ortskern von Gehlweiler völlig umgekrempelt werden. „Wir wollen ein Dorf komplett im Stil des 19. Jahrhunderts“, verkündete Reitz bei der gut besuchten Bürgerversammlung. Weil der Aufwand sowohl zeitlich als auch von den Aktionen her riesig, und nicht ohne Beeinträchtigungen für die Bevölkerung ist, stellte Reitz sein Projekt detailliert vor und bat basisdemokratisch um ein Bürgervotum.
Gravierendes Problem dabei ist die Verkehrsregelung, denn die Hauptstraße muss auf einer Länge von gut 200 Metern gesperrt werden. Während der 35 Drehtage in Gehlweiler sind weitere Einschränkungen notwendig. Dafür wird eine Umleitung eingerichtet. Reitz konnte mit seiner ihm eigenen Überzeugungskraft die meisten Skeptiker überzeugen. Ausdrücklich lud er alle Bürger zum Mitmachen ein. Am Ende der Präsentation war die überwältigende Mehrheit dafür, dass in ihrem Dorf der Film gedreht wird. Die Dreharbeiten werden nächstes Jahr zwischen April und Juli stattfinden. Vorgesehen sind 70 Drehtage.
Das Filmteam wird sich während der Zeit in Henau einquartieren. Mit den umfangreichen Arbeiten für die Kulisse wird schon im Januar begonnen. Mittelpunkt des dörflichen Geschehens ist die alte Simon-Schmiede. Rundherum werden mehrere Dekorationsbauten mit Bauernhöfen, der Schule, einer Gastwirtschaft, der Kirche, dem Friedhof und dem Backes errichtet. Der moderne Straßenbelag wird optisch in eine Lehm- und Pflastertraße verwandelt.
Auch in vielen Innenräumen wird die Zeit mit offenen Feuerstellen, handgemachten Möbeln, längst vergessenen Werkzeugen und Geräten zurückgedreht. Reitz sucht deshalb Requisiten, Kleider, Stoffe und Menschen, die die alten Handwerke beherrschen. Er ist auch noch auf der Suche nach Laiendarstellern. Dutzende von Rollen sind zu vergeben.
www.die-andere-heimat.de
Bericht: Wochenspiegel
„Die andere Heimat“ ist eine große Chance
Bürgermeister Kurt Aßmann vor der historischen Schmiede von Gehlweiler, die zum Dreh- und Angelpunkt des Films »Die andere Heimat« werden soll.
03.01.2012
Gehlweiler.
Mit seiner Heimat-Trilogie hat der Regisseur Edgar Reitz Filmgeschichte geschrieben. Nun ist das Familien-Epos zurück: »Die andere Heimat« rückt das Hunsrück-Dorf Gehlweiler in den Mittelpunkt des Geschehens. Der WochenSpiegel sprach mit Bürgermeister Kurt Aßmann über die anstehenden Dreharbeiten und die damit verbundenen Chancen für den 260 Einwohner zählenden Ort.
Noch ist nichts zu sehen von dem, was ab April die Kulisse des neuen Edgar Reitz-Films werden soll. Still liegt die Hauptstraße da, hin und wieder fährt ein Auto vorbei. Doch das dürfte sich schon in den kommenden Wochen ändern. Dann, wenn die ersten Requisiteure eintreffen, um die Häuserfassaden in die Zeit des 19. Jahrhunderts zu versetzen und neue Gebäude »aus dem Boden zu stampfen«. Auch ein rund 150 Meter langer Abschnitt der Straße bekommt einen neuen Anstrich. Lehm, Sand und Zement statt geteertem, festem Untergrund. Immerhin spielt »Die andere Heimat« im Jahr 1840 – also zeitlich vor den bisherigen Verfilmungen. Im Zentrum des dreistündigen Kinofilms steht die Geschichte von zwei Brüdern aus dem Hunsrück, die wegen der anhaltenden Hungersnöte nach Brasilien auswandern. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die historische Schmiede in Gehlweiler, die bereits in der ersten Heimatverfilmung zu sehen war.
Auch der damals 25-jährige Kurt Aßmann war hin und wieder bei den Dreharbeiten dabei, sah dem Filmteam über die Schulter. Im dritten Teil bekam der jetzige Bürgermeister sogar eine Rolle. »Ich war Wehrführer der Schabbacher Feuerwehr. Die Szene wurde allerdings nie ausgestrahlt«, erinnert er sich mit einem Lachen. Ob er auch dieses Mal eine Nebenrolle übernehmen wird, weiß er noch nicht. Doch die Dreharbeiten bringen auch so eine Menge Arbeit für den Bürgermeister mit sich: Bereits Ende März 2011 bekommt er einen Anruf von Edgar Reitz. »Er hat mir gesagt, dass er in Gehlweiler einen Film drehen will.« Nur kurze Zeit später kommt eine fünfköpfige Delegation in den Hunsrückort und berichtet von den Plänen. Gefragt, ob er sich den Dreh und die damit verbundenen Veränderungen am Ortsbild vorstellen könne, antwortet Aßmann ohne zu zögern mit »Ja«. Doch auch die Bürger sollen mit ins Boot geholt werden. Zunächst die, die unmittelbar betroffen sind, später – bei einer Versammlung Ende November- alle. Auch hier ist die Meinung einhellig: Alle wollen das Projekt in ihr Dorf holen, alle nehmen die Beeinträchtigungen dafür gerne in Kauf. Immerhin sind 35 Drehtage für Gehlweiler vorgesehen, von April bis September ist das Filmteam im Dorf. Die Ortsdurchfahrt wird dafür gesperrt, sogar Stromleitungen müssen abmontiert werden – alles soll so detailgetreu wie möglich werden. »Edgar Reitz will nicht in einem Studio drehen, er will es authentisch«, weiß Aßmann aus einem Gespräch mit dem Regisseur.
In Kleinform können sich die Anwohner bereits jetzt ein Bild davon machen, was schon bald auf sie zukommen wird. »Nachdem die Finanzierung geregelt war, hat ein Team hier alles vermessen und dann das Modell erstellt«, so der Bürgermeister. »In der zweiten Januarwoche geht es auch schon an die Umsetzung.«
Und während das Filmteam die Voraussetzungen für »Die andere Heimat« schafft, beschäftigt sich Aßmann zusammen mit dem Gemeinderat mit den Chancen und Möglichkeiten, die die Popularität mit sich bringen kann. Er glaubt, dass nicht nur die lokale Gastronomie und Hotellerie ihren Nutzen ziehen kann, er sieht auch Gehlweiler in einer guten Position. »Wir werden berühmt. Durch das Internet sogar weltweit. Es kommen sicherlich viele her, um sich die Dreharbeiten anzusehen. Vielleicht gefällt es dem ein oder anderen so gut, dass er sich ein Häuschen kaufen will.« Aßmann sagt das nicht ohne Grund: In den vergangenen zehn Jahren sind sechs Familien nach Gehlweiler gezogen, haben »alte Häuser« im Ortskern gekauft. Ein Großteil davon war eigentlich nur zu Besuch oder auf der Durchreise, erlag dann aber dem Charme des kleinen Ortes. »Wir würden die Möglichkeiten durch den Dreh auch gerne ein Stück weit nutzen, um von dem negativen Image des Dorflebens im Hunsrück wegzukommen.« Damit spielt der Bürgermeister auf die SWR-Dokumentation »Stadt – Land – Flucht« an, die kein gutes Bild von Gehlweiler zeichnete. »Bei uns sieht es nicht so schlimm aus, wie es dargestellt wurde.« Aber davon können sich alle Heimatfans ab April selbst ein Bild machen. Während der gesamten Dreharbeiten ist in Henau ein Filmstudio eingerichtet, das bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite steht. Und auch Bürgermeister Aßmann ist nach Möglichkeit für die Bevölkerung und für Besucher präsent. »Wir überlegen uns im Gemeinderat derzeit noch ein Konzept für die Zeit während der Dreharbeiten, denn auch wir wollen gut vorbereitet sein«, so der Bürgermeister.
Sobald der Aufbau der Kulissen beginnt werden hier Bilder eingestellt.
E-Mail an Ortsbürgermeister: schabbach1841@t-online.de
Wichtige Information für Besucher des Filmsets / Filmkulissen
Verehrte Besucher
Am Samstag dem 11. August und Sonntag dem 12. August 12 ist der Drehort zum letzten Mal zu besichtigen. Ab Montag dem 13.08.12 beginnt der Abbau der Kulissen und es sind dann keine Besichtigungen mehr möglich.
Der Eintritt kostet 2 € pro Person Kinder bis 14 Jahre sind frei. Gebührenpflichtige Parkplätze 2 € pro Fahrzeug sind vorhanden.
Alles Schöne hat einmal ein Ende.
Wir freuen uns natürlich wieder nach dem Abbau auf Sie, wenn unser Ort sein ursprüngliches Aussehen wieder erlangt hat. Anfang nächsten Jahres werden große Fotos an den Häusern angebracht und alle können die Filmkulissen in Bildern ansehen.